Ikea und Ikeahackers – ein öffentliches David-gegen-Goliath-Szenario das nicht sein muss
Es mangelt großen Marken manchmal an Gefühl, denn wie kann man sich sonst erklären, dass Ikea gegen Ikeahackers wegen Markenrechtsverletzungen vorgeht.
Es mangelt großen Marken manchmal an Gefühl, denn wie kann man sich sonst erklären, dass Ikea gegen Ikeahackers wegen Markenrechtsverletzungen vorgeht.
Es scheint fast so, als mangle es größeren Markeninhabern und deren Anwälten ab und an an Fingerspitzengefühl. Wie könnte man sich sonst erklären, dass ein Möbelgigant wie Ikea gegen einen Do-it-yourself-Blog wie Ikeahackers aufgrund der Wahrung von Markenrechten vorgeht? Auf der einen Seite steht Ikea, die die Markenrechte der Einrichtungskette wahren wollen, auf der anderen eine junge Frau, die etwas ungeschickt war und den Namen „Ikea“ in ihrer Blog-URL verwendet hat.
Aber von vorne: Ikeahackers.net ist eine bereits 2006 gegründete Website, die sich der Zweckentfremdung von Ikeaprodukten verschrieben hat. Die Seite der Inhaberin Jules Yap wurde im Laufe der Jahre so populär, dass sie täglich mehrere Hacks (= Bauanleitungen für Ikeaunikate) von Fans erhält – bis dato rund 4.000. Aufgrund des enormen Zeitaufwands entschied sich die Betreiberin dazu, Werbung auf ihrer Seite zu erlauben – bei einem Arbeitspensum das einer Vollzeitanstellung gleicht, muss schließlich Geld lukriert werden.
Bild: www.flickr.com
So wurde der schwedische Möbelriese auf die Bloggerin aufmerksam und reagierte auf von Jules Yap begangene Markenrechtsverletzungen – sie verwendet den Namen Ikea in der URL und gestaltet das Layout in Gelb und Blau – mittels einer Abmahnung. Yap wurde aufgefordert, die Domain ihres Blogs freiwillig an Ikea abzutreten. Um die Domain ikeahackers.net behalten zu können, erklärte sich die Bloggerin schließlich dazu bereit, keine Werbung mehr auf ihrer Seite mehr zuzulassen. Da dies jedoch dem Aus für ihren Blog gleichkommt (schließlich arbeitet sie Vollzeit daran und verdient damit kein Geld), muss sie langfristig gesehen ihren Blog inkl. Werbung mit neuer URL wieder aufbauen.
Jules Yap äußerte sich auf ihrer Website bezüglich der Abmahnung wie folgt: „I don’t have an issue with them protecting their trademark but I think they could have handled it better. I am a person, not a corporation. A blogger who obviously is on their side. Could they not have talked to me like normal people do without issuing a C&D?“
Bei einer Markenrechtsverletzung, wie sie Jules Yap begangen hat, empfehlen Anwälte ihren Auftraggebern meist, dagegen vehement vorzugehen – und das zu guter Recht! Um eine eventuelle Verwässerung der Marke zu verhindern, müssen derartige Markenrechtsverletzungen unterbunden werden. Wird dagegen nicht vorgegangen, droht im schlimmsten Fall der Verlust der Markenrechte.
Bild: www.flickr.com
Es geht in diesem Fall aber nicht um Marken- und Produktpiraterie, sondern um eine Abmahnung von Schutzrechtsinhabern gegenüber einer Einzelperson. Hier wäre Ikea besser beraten gewesen, nicht nur darauf zu achten, was juristisch möglich ist, sondern auch die tatsächlichen Risiken eines solchen Vorgehens für die Marke und den Markeninhaber zu berücksichtigen.
Obwohl Ikea rein rechtlich betrachtet richtig agiert, handelt der schwedische Möbelgigant im Zeitalter von Social Media unklug und kurzsichtig, denn sie hindern Jules Yap an ihrer Arbeit, anstatt sie zu unterstützen. Ikeahackers.net stellt nämlich keinesfalls eine Bedrohung für die Marke Ikea dar, vielmehr pflegt sie den Kultstatus des Unternehmens und bringt andere Bastler dazu, dem Möbelhaus die Treue zu halten. Die Bloggerin macht nicht nur Ikeaprodukte für bestehende und potentielle Kunden des Möbelhauses interessanter, sondern hat auch eine nicht zu verachtende Community um sich geschart. Diese Gruppe präferiert Ikea vor jedem anderen Einrichtungsgeschäft – es sich mit diesen zu verscherzen, ist überaus unbedacht.
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Anstatt Jules Yap mit einer Abmahnung zu begegenen, hätte der Blog, dessen gesamter Content nur aus Werbung für Ikea besteht, vom Unternehmen genutzt werden können. Statt sie an ihrer Arbeit zu hindern, gäbe es mehrere Möglichkeiten, um die Probleme auf andere Art und Weise aus der Welt zu schaffen: Ikea hätte Jules Yap anbieten können, die Betriebskosten für ihren Blog zu übernehmen, damit sie nicht mehr auf Werbung angewiesen ist. Die Bloggerin verfügt des Weiteren über ein Knowhow, welches sich Ikea zunutze machen könnte – beispielsweise ihre Hacks in die Produktpalette aufzunehmen. Außerdem hätte der Blog auf der Website des Möbelriesen integriert werden können, um auch andere Kunden auf die innovative Verwendung von Ikeaprodukten aufmerksam zu machen.
Ikea wäre am besten beraten gewesen, wenn sie vor einer Abmahnung das Gespräch mit der Blogbetreiberin gesucht hätten. Wie der Möbelriese bereits 2007 bewiesen hat, weiß er auch, wie es anders gehen kann: Damals hat es Ikea Deutschland ohne Abmahnung und auf freundliche Art und Weise geschafft, dass die Do-it-yourself-Seite ikeahacker.de eingestellt wird.
Auch die Marken Jack Daniels, die im Streit mit Kleinhändlern um angebliche Markenrechtsverstöße einlenkte, und Jack Wolfskin, die im Buchcover von Patrick Wensink’s Novelle eine Markenrechtsverletzung sahen und ihm sogar anboten die Druckkosten für neue Buchumschläge zu finanzieren, zeigten in der Vergangenheit bereits, wie man auf Markenrechtsverletzungen auf adäquate und höfliche Weise reagieren kann. Anstatt harscher Kritik hagelte es für den Whiskey-Hersteller Lob von allen Seiten.
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